Täter unter uns Der Fall: Die Früchte des Herrn Zorn

 

Und hier folgt nun der Erlebnisbericht

Täter unter uns oder:

Selfmadetheater in Wien-Alsergrund.

 

Daa Chaos war eigentlich vorprogrammiert. Wir wollten dieses Partyspiel ausprobieren, Täter unter uns.

Acht Leute sollen zusammensitzen und einer ist der Mörder. Blß wer? Der Fall heißt "Die Früchte des Herrn Zorn". Die Gäste sind eingeladen auf der Jacht des Champagnerproduzenten Zorn. Und das sind wir. Ein Juwelenhändler, eine verarmte russische Gräfin, eine Weinhändlerin, die Pleite gemacht hat, ein leichtlebiges Mädchen, ein Vermögensverwalter, eine Nachtclubbesitzerin aus Paris, eine italienische Opernsängerin. Der Kapitän ist auch anwesend. Und ich? Ich bin Miles, RennFahrer, und habe im vergangenen Jahr in Monte Carlo gewonnen. Ach ja: das Ganze spielt im Sommer 1925.

 

Wir spielen bei mir zuhause. Lachs, Sekt (als Champagnersimulation). Alle haben Wochen zuvor eine schriftliche Einladung erhalten. Und nachdem Fasching ist, haben wir uns auch verkleidet. Mein Bart verschwindet. Nicht ganz. Nur ein schmaler Streifen an der Oberlippe zeugt von einstiger Schönheit. Restliches Zubehör: Dunkle Brille, roter Schal, Mascherl. Dazu eine breite Hose, kariertes rotes Hemd. So könnte Miles ausgesehen haben, denke ich mir. Und dann geht das Spiel los. Jeder versucht sein schauspielerisches Talent voll auszuspielen. Der Juwelenhändler stellt fest, ich sei so "gewöhnlich", kein Mann von Welt, bloß Rennfahrer. PeWe, der Kapitän, einst dekoriert im Krieg, tut auch so vornehm. Ist ja ein Deutscher. Das kennen wir schon von "Spiral Arm".

 

Wir spielen. Jeder hat genaue Anweisungen, wie er sich zu verhalten hat. Zu Beginn des Spieles wird eine Kassette (die dem Spiel beiliegt ) vorgespielt. Eine Madame, Detektivin, erzählt uns vom tragischen Schicksal unseres Gastgebers. Auf der Jacht, gerade jetzt, vor kurzer Zeit, ist Monsieur Zorn ermordet worden. Einer von uns acht wird es wohl gewesen sein.

 

Jeder Spieler verfügt über ein Heft. Mit Informationen über seine Person, die auch die anderen haben. Mit Informationen über sich, die die anderen NICHT haben - und Informationen über die anderen, die man, um den Verdacht von sich zu lenken, einfach so im Gespräch einstreuen sollte. Das gelingt uns perfekt. Nach einer vergnüglichen Stunde ist einiges klar:

Die Opernsängerin hat ein Verwandtschaftsverhältnis zum Ermordeten (Testament?), der Juwelier - "Wie gewöhnlich", hat er doch zu mir noch gesagt, schafft sich seine Lagerbestände auf unorthodoxe Weise an. Ferkel. Da haben wir es. Aber die anderen sind auch nicht besser. Die Nachtclubbesitzerin geht Nebengeschäften nach, während der Vermögensverwalter von Monsieur Zorn ziemlich pleite sein dürfte. Und der Kapitän ist vielleicht doch zu Unrecht dekoriert worden. Und ich? Habe Zorn öfters gesehen weil ...

 

Das Chaos ist perfekt. Die Nachtscubbesitzerin mit Nebenetablissement hinterläßt auf meinem Teppichboden rosa Spuren - ihre Federboa haart. Die ruinierte Weinhändlerin, die ausnahmsweise nicht aus dem Burgenland kommt, heult über den Tod "ihres" Zorns (?), der Juwelier, der sich für einen solchen hält, knabbert alle Lachsbrötchen an. Und der Kapitän (Kriegsverwundung am linken Bein) spaziert mit seinem Stock in meinem Wohnzimmer auf und ab. Ganz schön nervös, Monsieur?

 

Jetzt aber gehen sie auf mich los. Ich sei doch Fachmann für Kühlanlagen - und im Zimmer dos Ermordeten war es doch etwas kalt, nicht? Ich entkräfte. Mag sein. Aber der Dolch, mit dem er aufgefunden wurde, stammt aus der Sammlung von ... Uff . Die Meute ist abgelenkt.

 

Theater ist Trumpf. Wir sind neun. Acht Spieler und ein Zuschauer. Und der hat die interessanteste Rolle. Für uns alle. Er rast hin und her, um uns als Butler an Bord mit Sekt zu versorgen. Wie sagte der Kapitänspieler am Ende des Abends? "Ralph war der Stärkste. Mein Glas war immer voll." Er freilich später auch. Nach über drei Stunden kommt die Auflösung, die wir uns selbst vorlesen. Der Mord war nicht ganz nach Plan verlaufen. Und der Mörder? Nur, das war sicherlich nicht der Gärtner.