SAN FRANSISCO

 

Das Spiel

San Fransisco

3-5 Spieler ab 12 Jahren

von Andreas Wetter und Thorsten Löpmann

Amigo, 2000

 

WIN-Wertung:

AAA II UU WW 3-5 h

 

Endlich ist es da, das mit Spannung erwartete „große Spiel“ dieses Jahres bei Amigo, in Nürnberg schon präsentiert und dann wegen Änderungen an der Grafik bis zum Sommer zurückgestellt und erfreulicherweise schon jetzt und nicht erst in Essen erschienen.

 

Thema ist Wiederaufbau der Stadt San Fransisco nach dem großen Erdbeben 1906, die Spieler sollen einerseits die Stadtviertel wieder aufbauen und sich andererseits durch geschickte Investitionen die Mehrheit in den Stadtvierteln sichern. Wer die Mehrheit hat, kann ein Stadtviertel aufbauen und bekommt dafür Prestigepunkte, wer am Ende die meisten Prestigepunkte besitzt, gewinnt.

 

Ungefähr bis zu diesem Punkt reichte mein Wissensstand, als ich voll Freude das Spiel auf den Tisch gelegt habe, und dann gab´s gleich den ersten Dämpfer, ein erstes Überfliegen der Regel macht klar, zentraler Mechanismus des Spiels ist bieten, also Versteigern, und wie die geneigten Leser wissen, ist das nicht unbedingt beim liebster Spielmechanismus. Aber man soll das Spiel nicht vor dem Ende beurteilen, also nehme man sich das Material und die Regeln zur Hand:

 

Der Spielplan hat links eine Leiste mit 45 Feldern für den Einfluss und rechts eine mit 47 für das Prestige, die Spieler starten mit einem ihrer Steine auf 30 der Einfluss-Skala und auf 0 beim Prestige. In der Mitte finden sich 35 Felder für die Stadtviertel-Plättchen, von diesen wird das Rathaus aussortiert und auf das markierte Feld in der Mitte gelegt, alle anderen werden gemischt und mit der Zahlenseite nach oben auf den restlichen 34 Feldern verteilt, dabei dürfen keine 2 Parks an die Längsseiten von Rathaus oder Bank gelegt werden. Die 12 Jahresfelder 1907 bis 1918 sind quasi Fortschrittszähler, sie werden im Verlauf des Spiels mit 12 Aktionskarten belegt, nach der letzten endet das Spiel. Nun werden noch die drei Parks an allen vier Seiten mit weißen Stäbchen belegt, diese müssen während des gesamten Spiels dort verbleiben.

 

Nun bekommt noch jeder Spieler einen Satz von 3 Optionskärtchen, je eines für die Stadtviertel Villen/Wohnen, Markt/Freizeit und Fabrik/Büro, einen Satz Einflusskarten mit den Werten 0-9, 15 Stäbchen und Geld in Form von 12 Schecks, 2x 10.000 und 20.000, 1x 30.000 bis 100.000.

 

Nun müssen nur noch die 36 Ausschreibungskarten und 18 Aktionskarten gemischt werden und es geht los.

 

An dieser Stelle muss man das schöne und funktionelle Spielmaterial loben, es ist sehr edel und wem, so wie mir, die Rückseiten der Plättchen und die Zeichnungen auf den Auftragskarten zu ähnlich sind, der kann sich immer noch mit den Ziffern behelfen, die für die einzelnen Stadtviertel stehen. Die Karten sind sehr liebevoll gestaltet, so sind zum Beispiel sogar die Rückseiten der Einflusskarten für jeden Spieler nicht nur verschiedenfarbig, sondern verschieden gestaltet.

 

Das Spiel verläuft in Runden, immer mit einem neuen Startspieler, und die Runden sind in Phasen geteilt:

 

Ausschreibungskarte ziehen

Ausschreibung ausführen

Straße legen und Stadtviertel aufbauen, wenn dadurch eine Mehrheit entsteht

Aktionskarte ziehen, ausführen und Aktionskarte auf das Jahresfeld legen.

 

Die Ausschreibungskarten zeigen an, wie viele Personen sich an der Ausschreibung beteiligen können, wo die Straße gelegt werden kann und wie die Investition bezahlt werden muss – Scheck, Einflusskarten oder Optionskärtchen mit Scheck. Wenn dem Spieler die erste Karte nicht gefällt, kann er sie ablegen, und eine neue ziehen, diese zweite Karte muss er dann nehmen.

 

Wird mit Einfluss bezahlt, wählt jeder Spieler eine Einflusskarte und legt sie verdeckt vor sich ab, dann wird umgedreht, das höchste Gebot gewinnt, analog „Hol’s der Geier“ heben einander gleiche Karten auf und es gewinnt die nächstniedrige. Können mehrere Spieler investieren, kommen dementsprechend die Spieler mit den höchsten Geboten zum Zug. Wer ein Gebot gewinnt, zahlt durch Zurücksetzen seines Steines auf der Einflussskala, d.h. man darf nie mehr bieten als man dort noch Punke zur Verfügung hat. Können mehrere Spieler investieren, legen sie in der Reihenfolge höchstes bis niedrigstes Gebot die Straßenhölzchen, wohin, gibt die Ausschreibungskarte vor. Liegt eine Straße zwischen zwei Vierteln, zählt sie für beide.

 

Wird mit Schecks bezahlt, nehmen alle ihre Schecks auf die Hand und legen reihum offen einen oder mehrere vor sich ab, dabei muss der Scheck des Vorgängers überboten werden, man darf gebotene Schecks weder tauschen noch wechseln, man kann immer nur die Summen bieten, die man noch in der Hand hat, wer passt, scheidet aus und nimmt seine Schecks zurück auf die Hand, wer das Gebot gewinnt, legt die Schecks verdeckt auf den Ablagestapel.

 

Im Falle der Bezahlung mit Optionskärtchen suchen sich die Spieler ihr gewünschtes Stadtviertel aus und legen das entsprechende Kärtchen verdeckt vor sich hin, dann wird aufgedeckt. Wer mit einer Art Kärtchen allein ist, darf in eines der beiden Stadtviertel investieren und legt einen Scheck seiner Wahl verdeckt ab. Wurden mehrere gleiche Kärtchen gelegt, nehmen diese Spieler bis zu 5 Schecks verdeckt auf die Hand, das höchste Gebot gewinnt, die Schecks des Gewinners gehen auf den Ablagestapel.

Wurden mehrere Investitionsrechte erworben, wird in der Reihenfolge Fabrik/Büro, Markt/Freizeit und Villa/Wohnen gelegt, wohin, gibt wie immer die Ausschreibungskarte vor.

 

Wird bei Ausführen der Investitionen sprich Legen der Strasse in einem Stadtviertel eine Mehrheit erzielt, geht die Initiative an den Spieler über, der die Mehrheit hat. Als Mehrheit genügt im allgemeinen die relative Mehrheit, nur bei den Plättchen für Rathaus und Bank muss man alle vier Seiten mit Straßen belegt haben, außer es liegt ein neutrales weißes Stäbchen dort, dann genügen drei. Zwei gleiche Stäbchen an einem Viertel sind aber noch keine Mehrheit, die beiden anderen könnten ja auch von nur einem Spieler gelegt werden.  Das Stadtviertel wird aufgedeckt, die Punkte werden dem Spieler auf der Prestigeskala gutgeschrieben und der Spieler zieht eine Aktionskarte, diese gilt für alle Spieler und wird sofort ausgeführt. Meist wird wieder ein Investor gesucht, entsteht durch diese Aktion wieder eine Mehrheit, muss wiederum eine Aktionskarte gezogen und ausgeführt werden, usw. Manche Karten geben aber auch Zuschüsse zu Einflusspunkten oder bringen Schecks – der Spieler, der sich dafür entscheidet, darf bis zum angegebenen Höchstbetrag Schecks vom verdeckten Ablagestapel ziehen, überschreitet er den Höchstbetrag, bekommt er gar nichts.

 

Sind alle Aktionen beendet, wird die Auftragskarte abgelegt und der linke Nachbar des Startspielers wird neuer Startspieler für die nächste Runde.

 

Klingt kompliziert? Ist es gar nicht! Auftragskarte ziehen, mit dem geforderten Zahlungsmittel versteigern, Straße(n) legen, Aktionskarte ziehen und durchführen, wenn nötig mehrmals.

 

Dieser sich immer wiederholende Ablauf bringt ein schönes und stimmiges Spiel, bei dem der Versteigerungsmechanismus dominiert. Dadurch kann man nicht sehr viel beeinflussen, weil man ja nie vorhersehen kann, wer sich wie verhalten wird, bei einer Partie habe ich es zum Beispiel geschafft, über 7 Runden hinweg das Gleiche wie meine Nachbarin zu bieten, es waren immer Einflusskarten gefragt, und so waren wir beide über 7 Runden lang aus dem Spiel und dieser Rückstand war nicht mehr aufzuholen, und keine von uns konnte wirklich etwas dagegen tun, es war purer Zufall. Niedrig zu wählen hätte auch nichts gebracht, denn dann hätten wir auch nichts erreicht, wir mussten versuchen, ins Spiel zu kommen.

 

Ein wenig hängt der Spielgenuss auch von der Verteilung der Auftragskarten ab, wenn zu Beginn zu viele Karten kommen, die Einfluss erfordern, wird es ein bisschen eintönig, weil sich nicht viel tut, wer noch Einfluss hat, kann bieten. Aber auch daran haben die Autoren gedacht und bieten als Variante an, zu Spielbeginn die Aktionskarten vorzusortieren und erst die Auswahl zu mischen, z.B. 3 Zuschusskarten und 9 andere Aktionskarten zu wählen. Dass man beim Steigern mit Schecks nicht wechseln darf, ist ein sehr gelungenes Detail, das einen zu sehr genauem Jonglieren mit den Einzelsummen zwingt, um ausreichend zu überbieten, ohne hoffnungslos zu überzahlen. Das Spiel bietet nichts essentiell Neues, es ist eine gelungene Mischung aus bekannten Mechanismen von „Hol’s der Geier“ bis „Can’t Stop“, aber dagegen ist nichts einzuwenden, wenn dabei etwas Gutes herauskommt. Material, Thema und Spielmechanismen passen gut zusammen und ergeben ein nettes Familienspiel, dem sogar ein Anti-Auktionär wie ich nach anfänglicher Zurückhaltung einiges abgewinnen konnte. Ein respektables Erstlingswerk von Andeas Wetter und Thorsten Löpmann.