San Juan

 

Das Spiel:

San Juan

Kartenspiel

von Andreas Seyfarth

für 2-4 Spieler ab 10 Jahren

Alea, 2004

 

Die Besprechung:

Ferdinand de Cassan

office@spielen.at

 

Win-Wertung:

*** W SSS II K UUU AA

 

Gibt es nach einem so großen Erfolg wie Puerto Rico überhaupt noch die Chance, ein

noch besseres Spiel auf den Markt zu bringen? Noch dazu mit dem fast gleichen Thema?

 

Es geht! Alea unter der Leitung von Stefan Brück hat es fertig gebracht! Um es gleich vorweg zu nehmen: San Juan wird auf meinem Tisch einen Ehrenplatz bekommen, es ist fair, es macht Spaß, jedes Spiel ist anders und es macht süchtig!

 

Nach den inzwischen sehr vielen gespielten Partien (2, 3 und 4 Spieler) möchte ich die Chance nützen, auch Ihnen, werter Leser, das Spiel ans Herz und auf den Spieltisch zu legen.

 

Die unscheinbare kleine Alea-Schachtel hat wie üblich, eine ansprechende Grafik, die aber stark an Puerto Rico erinnert, auch wenn der Inhalt nur (?) 110 Spielkarten, 1 Gouverneurs-Karte, 5 Rollenkarten, 5 Handelshaus-Kärtchen,  Block, Bleistift und Regeln ist. Aber diese Regeln machen aus dem Material erst ein wohl durchdachtes Spiel.

 

Was kennen wir von Puerto Rico? Jeder der 3 bis 5 Spieler wählt pro

Runde eine Rolle, er baut, erntet, verschifft und baut, wobei Faktoren wie Bevölkerung, Landschaft etc. Einfluss auf den Ablauf haben.

 

Bei San Juan können 2 bis 4 Spieler mitmachen und der Spielablauf ist auf das Wesentliche reduziert. Hier sei gleich erwähnt, dass auch mit zwei Spielern das Spiel seine volle Stärke zeigt und so richtig Spaß macht.

 

Und jedes Spiel ist anders. Das liegt an den 110 Karten, die als Zufallsmechanismus das Spiel bestimmen, aber fangen wir am Anfang an. Dabei möchte ich nicht jedes Mal auf die Unterschiede der beiden Spiele eingehen, sondern San Juan allein beschreiben.

 

Die Spieler bestimmen einen Startspieler, der die Gouverneurs-Karte nimmt. Haben alle Spieler einmal eine Rollenkarte gespielt, wird die Gouverneurs-Karte an den nächsten weiter gegeben. Diese Karte ist mit keiner Aktion und keinem Privileg verbunden, sondern zeigt nur den Startspieler.

 

Die Spielkarten werden gemischt und jeder Spieler erhält 4 Karten auf die Hand. Ist der Zugstapel aufgebraucht, wird der Ablagestapel einfach wieder gemischt. Besonderheit: Auch der Ablagestapel wird verdeckt gespielt!

 

Nun wird vor jeden Spieler eine Indigoküperei gelegt und das Spiel kann losgehen. Da auf jeder Karte genau steht, was sie bedeutet und was zu machen ist, hat man immer den Überblick.

 

Siegbedingung: Sobald das 12. Gebäude vor einem Spieler liegt, endet nach der Baumeisterphase das Spiel sofort. Nicht der mit den meisten Gebäuden hat gewonnen, sondern nur wer die meisten Siegpunkte vor sich liegen hat.

 

Nun kommen wir auf die Bedeutung der Karten zu sprechen. Jede Karte erfüllt zugleich mehrere Funktionen.

 

Prinzipiell sind diese 110 Karten in 68 violette Gebäude und 42 Produktionsgebäude unterteilt.

 

Produktionsgebäude sind: Indigoküperei (Wert 1), Zuckermühle (Wert 2), Tabakspeicher (Wert 3), Kaffeerösterei (Wert 4) und Silberschmelze (Wert 5). Der Wert bestimmt den Preis des Bauens, zusätzlich gibt es noch einen Wert für Siegpunkte, der davon unterschiedlich ist.

 

Jedes dieser Produktionsgebäude produziert nur eine Ware, ist diese noch nicht verkauft, kann nicht produziert werden.

 

Die violetten Gebäude haben auch einen Wert, der die Baukosten bestimmt und einen Wert, der die Siegpunkte festlegt. Zusätzlich hat jedes violettes Gebäude eine Funktion, die in die Regeln verändernd eingreift. Hat man das bestimmte violette Gebäude errichtet, kann man die zusätzliche Regel für sich ausnützen.

 

Und hier zeigt sich die Besonderheit

des Spieles: Es ist das Zusammenwirken der einzelnen Karten, die geniale Zusammenfassung von zusätzlichen Regeln, die die Würze in das Spiel bringen. Durch die ausgelegten Gebäude wird jedes Spiel anders.

 

Aber nochmals zurück zu den Spielkarten. Jede Spielkarte hat mehrere Funktionen:

 

1. Gebäude - um dieses Gebäude, das man in der Hand hält, zu bauen, muss man den Wert 1 bis 6 bezahlen, aber nur in der Baumeisterphase.

 

2. Geld - jede Handkarte ist zugleich auch Geld. Will man ein Gebäude mit Wert 3 bauen, muss man 3 Handkarten auf den Ablagestapel legen.

 

3. produzierte Waren - auf ein Produktionsgebäude wird mit dem Aufseher je eine Karte verdeckt als Ware gelegt.

 

4. verkaufte Waren - mit dem Händler werden produzierte Waren auf den Ablagestapel gelegt (= Verkauf) und entsprechende neue Karten auf die Hand genommen.

 

5. Siegpunkte - unter die Kapelle gelegt, bringt jede Karte einen Siegpunkt.

 

Nun aber zum Spielablauf, der durch den Gouverneur und die Rollenkarten bestimmt wird.

 

Als Gouverneur muss man, bevor man seine Rollenkarte wählt, einige Amtshandlungen setzen:

- Erinnert alle Spieler an die Kapelle (jetzt kann man unter seiner Kapelle zusätzliche Siegpunkte sammeln)

- Überprüft das Handkartenlimit (nur 7 (oder 12 Karten mit Turm) darf ein Spieler am Anfang der Runde haben - während der Runde gibt es keine Beschränkungen der Anzahl der Handkarten)

- Beginnt die Runde (mit der Wahl einer Rollenkarte)

 

Diese Rollenkarten sind wohlbekannt und bei San Juan gibt es deren fünf. So werden je nach Spieleranzahl auch nur einige der Rollenkarten aktiv. Nicht verwendete Rollenkarten erhalten keinen Bonus für die nächste Runde.

 

Einzige Sonderregelung für das Spiel zu Zweit: Der Gouverneur darf noch eine zweite Rollenkarte wählen, bevor der andere Spieler dran kommt (3 Rollenkarten pro Runde). Geniale Lösung um ohne Regeländerung auch zu Zweit spielen zu können.

 

Wer den Baumeister wählt, darf

das Privileg des Baumeisters ausführen und zahlt eine Karte weniger. Alle Spieler können ein Gebäude bauen.

 

Wer den Ratsherrn wählt, darf

das Privileg des Ratsherrn ausführen und wählt eine neue Karte aus fünf aus. Alle anderen Spieler können eine Karte aus zwei auswählen.

 

Wer den Aufseher wählt, darf das Privileg des Aufsehers ausführen und produziert eine weitere Ware. Alle Spieler produzieren eine Ware.

 

Wer den Händler wählt, darf

das Privileg des Händlers ausführen und verkauft eine weitere Ware. Alle Spieler verkaufen eine Ware.

 

Wer den Goldsucher wählt, darf

das Privileg des Goldsuchers ausführen und erhält eine Karte. Alle anderen Spieler machen hier keine Aktion.

 

Nun noch einige Feinheiten:

 

In der Baumeisterphase darf man gleiche Produktionsgebäude, aber nur verschiedene violette Gebäude bauen.

 

In der Aufseherphase darf nur auf leeren Produktionsgebäuden produziert werden.

 

In der Handelsphase wird zuerst eines von 5 Handelshaus-Kärtchen umgedreht. Es bestimmt den Wert der 5 verschiedenen Waren. Besonderheit: Die Reihenfolge wird nicht geändert, dadurch sind die Werte bei gutem Gedächtnis vorhersehbar.

 

Da die violetten Gebäude mit ihren neuen Regeln das Spiel bestimmen, möchte ich gerne einige ausgesuchte beschreiben. Der Reiz besteht aber darin, selbst Kombinationen auszuprobieren und überraschende Ergebnisse zu finden.

 

BIBLIOTHEK

(wirkt bei der Rollenwahl - Kosten 5

 - Siegpunkte 3): Besitzer nutzt das Privileg seiner Rolle doppelt.

 

Sein Privileg doppelt zu nutzen bringt einen ständigen Vorteil von Runde zu Runde. Gebäude, Produktion, Handel, einfach immer einen Schritt weiter.

Eine der stärksten Karten im Spiel, wenn man sie bekommt! Denn der Zufall bestimmt, aus welchen Karten ich wählen kann. Oft muss man zur Bezahlung auch wichtige Gebäude als Geld abwerfen, aber der Abwurfstapel wird oft und rasch wieder gemischt und die Karten kommen wieder zurück in die Hand. Hier ist das richtige Timing gefragt!

 

TURM

(am Rundenanfang - Kosten 3 - Siegpunkte 2): Besitzer darf bis zu 12 Karten auf der Hand haben.

 

Handkarten sind Möglichkeiten, je mehr man davon hat, desto besser sind die Chancen das richtige Gebäude zu bauen, denn mit 12 Gebäuden ist das Spiel zu Ende und dann werden die Siegpunkte gezählt.

 

PRÄFEKTUR

(Ratsherrenphase - Kosten 3 - Siegpunkte 2): Besitzer behält von der Auswahl 1 Karte mehr.

 

Jedes Mal zwei statt einer Karte zu bekommen ist ein wichtiges Argument, den Ratsherrn zu wählen.

 

KAPELLE

(am Rundenanfang - Kosten 3 - Siegpunkte 2): Besitzer darf 1 Handkarte unter seine Kapelle legen - bringt je einen Siegpunkt am Ende.

 

Ein netter Weg, mehr Siegpunkte zu erhalten, trotzdem Vorsicht: fehlt die Karte vielleicht in der aktuellen Runde?

 

ARMENHAUS

(Baumeisterphase - Kosten 2 - Siegpunkte 1): Besitzer erhält 1 Karte vom Stapel, wenn er nach dem Bauen nur 0 oder 1 Karte auf der Hand hat.

 

Das hilft ungemein beim Bauen, denn auch wenn ich alle Karten als Geld ausgeben, bekomme ich zumindest eine wieder zurück, und wenn ich an all die anderen Bonus denke, welche Möglichkeiten!

 

Ja, es sind die vielfältigen Möglichkeiten, die Spielkarten einzusetzen und durch neue Regeln das Spiel zu erweitern, die uns hier ein schnelles und interessantes Spiel liefern.

 

Nicht umsonst sagt man, die Regeln machen ein gutes Spiel, nicht die Ausstattung. Und hier kann man nur dem Autor Andreas Seyfarth gratulieren, so ein einfaches, geniales Konzept entwickelt zu haben.

 

Ob wir hier das Entstehen eines modernen Klassikers miterleben? Das Spiel hat es sicher verdient! Aber nicht wir entscheiden über den Erfolg eines Spieles, sondern der Markt. Ob er dieses Spiel ebenso wohlwollend aufnimmt wie wir, ist abzuwarten.

 

Bei uns Viel-Spielern ist aber das Spiel immer gut aufgehoben und wir werden es spielen, spielen, spielen .... bis das nächste noch bessere Spiel von Alea da ist!