Verräter

 

Das Spiel

von Marcel-André Casasola Merkle

Adlung Spiele 1998

Kartenspiel für 3-4 Spieler ab 12 Jahren

Spieldauer: 45-60 Minuten

 

Die WIN-Wertung:

Verräter ** W SSS II UU AA 4 (3) m

 

Vergleichbare Spiele:

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Nein, Christoph, das ist kein neues Sammelkartenspiel, eher das Gegenteil! Für Hundert Schilling bekommst du hier ein komplettes Strategie-Spiel, alle 66 Karten und die Spielanleitung komprimiert verpackt in einer 108 cm3-Schachtel. Manch ein Hersteller hätte es mit einem Spielplan und anderem in diesem Falle unnötigen Firlefanz aufgeblasen, die Firma Adlung hatte das zum Glück nicht nötig, man schaffte dennoch den Sprung auf die Auswahlliste zum Spiel des Jahres 1999.

 

Nein, Manfred, es kommt keine Eisenbahn vor! Wir befinden uns im (Schottischen?) Hochland des Mittelalters, wo die Spieler als Vertreter zweier konkurrierender Fürstenhäuser (Adler und Rose) versuchen, Landstriche der gegnerischen Gesinnung auf ihre Seite zu bringen. Die Gegenden werden durch 12 Karten dargestellt, die zifferblattmäßig auf dem Tisch ausgelegt werden. Am Anfang besitzen Adler und Rose jeweils eine Ödnis (0), eine Weide (3), einen Fluss (5), einen Wald (7), ein Dorf (10) sowie eine Stadt (15). In Klammer ist die Grundversorgung der Gebiete angegeben, also der Widerstand, den sie dem Umdrehen auf die andere Seite entgegenstellen, wenn der Besitzer der Strategie-Aktionskarte den Ort des Geschehens dadurch markiert, dass er die Konfliktkarte oberhalb von zwei unterschiedlich gesonnenen Landstrichen auslegt. Der randomisierte Startspieler, der die Gesinnungskarte des Adlers besitzt, legt nun offen 0-5 Versorgungskarten vor sich ab, von denen es je 5 Stück der Werte 2, 3, 4 und 5 gibt, sowie 2 x den Wert 6 und 1x den Wert 8 (Zu Spielbeginn hat jeder drei Karten in den Werten 3, 4 und 5). Im Uhrzeigersinn tut nun der nächste Spieler (Gesinnung Rose) desgleichen, es folgt wieder ein Adler-Anhänger und als letzter wieder ein Rosenkrieger (natürlich nur bei vier Spielern, zu dritt scheint das Spiel ein wenig unausgewogen zu sein).

 

Nein, keine Würfel, Bernd! Der Glücksfaktor ergibt sich nur dadurch, dass zu Beginn jeder Runde eine der 6 Aktionskarten blind gezogen und unbesehen abgelegt wird. Von den übrigen wählt der Startspieler eine aus und gibt den Rest an den nächsten weiter, bis dem 4. Spieler nur mehr zwei Karten zur Auswahl bleiben. Welche Aktionskarten gibt es nun? : Natürlich zuerst die Verräterkarte, bei deren Einsatz die Gesinnung gewechselt wird und die einen Punkt für die Endabrechnung bringt, danach der Diplomat +2, der zwei Versorgungspunkte zusätzlich in den Konflikt einbringt und den Spieler zum Ziehen einer Versorgungskarte ermächtigt, sodann der Diplomat +5 (bringt 5 Konfliktpunkte) und die oben erwähnte Strategenkarte zum Festlegen des nächsten Konfliktes (bringt zwei Siegpunkte). Mit Hilfe der Bauernkarte dürfen bis zu drei Versorgungskarten gezogen werden, und die Baumeisterkarte lässt das Errichten eines Gutshofs oder Kontors zu. Dabei wird eine Gutshof-Kontor-Karte mit der entsprechenden Seite nach oben halb unter eine Landstrichkarte gelegt, wobei der Gutshof eine Versorgungskarte pro Runde abwirft, solange der Landstrich dieselbe Gesinnung wie der Spieler hat; die Anzahl der Kontore (höchstens zwei) wird bei Spielende mit der Anzahl der in der Hand verbliebenen Versorgungskarten (höchstens drei) multipliziert und ergibt damit maximal 6 Kontorsiegpunkte.

 

Wo war ich stehen geblieben, ach ja, mitten im Konflikt. Sobald alle Spieler ihre Versorgungskarten gespielt haben, werden die Aktionskarten aufgedeckt, der Verräter dreht seine Gesinnungskarte um und die Versorgungspunkte plus eventuell gespielter Diplomaten-Karten werden summiert. Der unterlegene Landstrich wird auf die andere Gesinnungsseite gedreht und jeder Mitstreiter der siegreichen Partei notiert die auf der Wertetabelle der unterlegenen Karte angegebenen Siegpunkte (abhängig von der Anzahl der Spieler, die dem siegreichen Haus zugehören; kann ein Spieler allein eine Stadt auf seine Seite zu bringen, so kassiert er 15 Siegpunkte, sind sich jedoch alle vier Spieler einig, dass dieselbe Stadt ihre Gesinnung ändern sollte und investieren mehr Versorgungspunkte als die Grundversorgung der Stadt beträgt, so erhält jeder Spieler dafür nur einen Siegpunkt.)

 

Bei gleicher Gesamtsumme werden weder Landschaftskarten umgedreht noch Siegpunkte für den Konflikt vergeben, natürlich abgesehen von den Punkten, die dem Verräter und dem Strategen zustehen. Dieser bleibt übrigens so lange in Amt und Würden, bis ein anderer Spieler die Strategen-Aktionskarte auswählt. Nach Ende des Konfliktes zieht jeder Spieler die ihm laut Aktionskarten oder Gutshöfen zustehenden Versorgungskarten nach, wobei maximal drei Karten gezogen und höchstens 5 auf der Hand gehalten werden dürfen. Überschüssige Karten werden vor dem Ziehen abgeworfen oder es werden entsprechend weniger gezogen.

 

Das Spiel endet, wenn jeder Spieler 2 mal Startspieler war (bei 3 Spielern 3 mal), und zwar nach dem Ziehen der Versorgungskarten dieser Runde. Sollte es einem Fürstenhaus bereits in einer früheren Runde gelingen, alle 12 Landschaften auf seine Seite zu bringen, so endet das Spiel ebenfalls nach der Versorgungsphase der Runde.

 

Bleibt nur noch zu erwähnen, dass das Spiel mit einer vorbildlichen Spielanleitung versehen wurde (linke Seite in Phasen gegliederte Spielabfolge, rechts parallel dazu ein Einführungsspiel), die keine Fragen offen lässt. Eine Spieldauer von 30 bis 45 Minuten erscheint durchaus realistisch, wenn sie nicht durch unentschlossene Spieler verlängert wird (Nein, keine Namen!), und lässt Verräter als ein durchwegs gelungenes Zwischendurch-Spiel erscheinen, dem die Wahl zum Spiel des Jahres durchaus zu wünschen wäre, wenn sich die Juroren nicht von kommerziellen Gesichtspunkten leiten lassen; ein Spiel um Hundert Schilling aus einem Kleinverlag erscheint sicher nicht so gewinnträchtig wie z.B. Union Pacific (Amigo), Tikal (Ravensburger) oder Giganten (Kosmos).